Frank Butschbacher lüftet das Kaffee-Geheimnis

Meine neueste Küchenausrüstung: Mokkatassen, gekauft in Bosnien, gemacht natürlich in PRC. Vermutlich People's Republic of China. Logo. Das Tässchen ist ca. 3cm hoch. (Foto: Frank Butschbacher)
Meine neueste Küchenausrüstung: Mokkatassen, gekauft in Bosnien, gemacht natürlich in PRC. Vermutlich People's Republic of China. Logo. Das Tässchen ist ca. 3cm hoch. (Foto: Frank Butschbacher)

Der Balkan war ein paar hundert Jahre türkisch, und diese Leute haben auf dem Weg nach Wien ein paar brauchbare Sachen hinterlassen. Hier und heute interessant: der Kaffee.

 

Den trinken die Türken längst nicht mehr, und wenn, dann das Fertigzeugs des Schweizer Industriefutterkonzerns. Als man ihnen (den Türken) nach dem 1. WK ihre arabischen Provinzen weggenommen hatte, waren die so beleidigt, dass sie fortan nur noch Tee tranken. Billiger wars auch.

 

Aber noch heute beherrscht man in Balkanien die Kunst, türkischen Kaffee zu kochen. Oder auch, je nach Nationalstolz und Abscheu für den Nachbarn, bosnischen, griechischen, ... Kaffee.

 

Genial einfach: Wasser mit Zucker erhitzen, Kaffeepulver dazu, aufschäumen lassen - trinken.

 

Die türkische Frau war angeblich erst dann heiratsfähig, wenn sie auf der Mokkatasse eine ordentliche Schaumschicht hinbekam. Wie man sieht, habe ich in dieser Hinsicht noch schlechte Karten, mal davon abgesehen, dass ich gar keine Frau bin.

 

Über die richtige Zubereitungsart habe ich diverse und nicht immer übereinstimmende Anleitungen gelesen. Wichtig scheint auf jeden Fall zu sein, dass das Pulver feinstmöglich gemahlen ist. Das dürfte die Schaumbildung fördern. Der Kaffee ist bei der Mokka-Zubereitung eh erstaunlich "gefiltert": das Pulver setzt sich fast vollständig ab. Aber ein paar Körnchen schluckt man eben mit - und bei feinst gemahlenem Kaffee sind sogar diese Körnchen ein (feiner) Genuss.

 

Man liest immer wieder von "3x aufkochen". Hat mir sogar mal ein Ukrainer so erklärt. Aber aufkochen kann vieles heißen - wild sprudeln, sanft köcheln. Am überzeugendsten ist für mich der Hinweis, das Wasser vorsichtig zu erhitzen, damit es mit dem Pulver nur leicht und langsam Bläschen bildet.

 

Den für dauerhafte legitime Beziehungen so entscheidenden Vorgang, die Schaumbildung, unterstützt wohl auch ein enges Kochgefäß, die Mokkatasse, am Balkan Dscheswa genannt (so sagten anscheinend schon die Türken). Der enge Hals hält vielleicht die Schaumschicht zusammen. Der Mokka oben entstand in einem Milchhaferl, mit entsprechend breiter Öffnung. Der Mokka war ein Supermarkt-üblicher Mokka, saumäßig grob gemahlen. Für einen Büromokka gerade so tauglich. Die Mokkas, die ich in Bosnien gesehen habe, waren in einer winzig-kleinen Dscheswa gekocht, also gerade für eine Tasse und damit optimal eng für optimalen Schaum.

 

Der Mokka hat übrigens auch eine Art Anti-Materie-Pendant: den deutschen Filterkaffee. Viel Wasser, wenig Pulver, maximale Zerstörungskraft am Gaumen und im Magen - das ist Standard. Vom Bosnier lernen, heißt daher siegen bzw. Kaffee-kochen lernen: Deutsche, spart Wasser.


Das ist die Quintessenz meiner Kaffeeforschungsfahrten in Deutschland: Das Land ist groß, lassest also auch den Kaffee groß sein, so scheint man da zu denken. Viel hilft viel.


Tuts aber nicht.


Das Geheimnis des schlechten Kaffees, und den gibts nicht nur in Deutschland, durchaus auch in Österreichs Gastronomie und manchmal sogar bei mir (!), das Geheimnis ist meiner Einschätzung nach in aller Regel - zu viel Wasser.


Genauer: zu viel Wasser durchlaufen lassen. Das Kaffeepulver mit zu viel Wasser ausgekocht und ausgelaugt.


Es hilft nix, einen sündteuren Espressokaffee zu kaufen, auf ein Wunder zu hoffen und an das Markenprodukt zu glauben und ihn dann eine halbe Minute lang auszukochen, bis auch die letzten Bitterstoffe und Säuren aus dem Pulver herausgewaschen sind.


Schlechter Kaffee entsteht, wenn das grausliche aus dem Pulver rausgelaugt wird. Guter Kaffee enthält das Gute, Feine, und den Rest gibt man mit dem verbrauchten Pulver zum Biomüll.


Ich verdeutliche das mal anders:

Morgens trinke ich gerne eine ordentlich große Tasse Kaffee. Ich lasse aber nicht so viel Wasser durch die Espressomaschine laufen, bis die Tasse voll wird. Da kommt ein normaler Espresso rein und mit warmer/heißer Milch wirds verlängert. Geschmack vom Espresso, Menge von der Milch (etwas Süße auch). Nicht-Milchkaffee-Möger habe da natürlich ein Problem. Aber mE. ist es trotzdem besser, den kurz gekochten Espresso mit etwas heißem Wasser zu verlängern, als mit dem heißen Wasser Bitterstoffe und anderen Dreck aus dem Kaffee herauszuwaschen. Es muss da einen Kompromiss geben zwischen Flüssigkeitsmenge (durch Verlängerung/Aufgießen statt Durchlaufen von mehr Wasser) und Stärke.


Beim Mokka ist die Konsequenz einfach: man macht ihn so, wie beschrieben, und da die Mokkatässchen nach allgemeiner Verkehrsauffassung auch immer recht klein sind, geht da wenig schief.


Beim Espresso reißt man die Tasse nach 10 Sekunden oder so unter der Maschine weg, hält - wenn man gerne Schmerzen erträgt und auf hart machen will - die Hand unter den Auslauf, oder drückt einfach auf den Knopf, der die Maschine bzw. den Durchlauf abstellt.


Guter Kaffee - wenig Wasser, bittere Brühe - viel Wasser, lange ausgelaugt.


Zum Barista reichts mit diesem Wissen noch nicht, das ist so klar wie deutscher Filterkaffee. Aber immerhin habe ich festgestellt, dass es nicht nur oder sogar nicht primär auf teuren Kaffee ankommt und auch nicht auf eine professionelle Espressomaschine im 4-stelligen Bereich.


Auf den eigenen Geschmack achten, herumprobieren und - Zeit und Wasser sparen! Das bringt mit wenig Einsatz 80 Prozent des Erfolgs.


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